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Ausprobiert: Hello-Fresh, Kochbox im Test

Erst einmal, was ist eine Kochbox überhaupt?

 

Der Kunde sucht sich wöchentlich 3 bis 5 Gerichte aus einer Speisekarte aus. Eine Kiste mit den Zutaten und Rezepten dazu, wird zu ihm nach Hause geliefert. Man muss sich zwei Wochen im Voraus festlegen, was dem ganzen den Charakter eines Abos verleiht.

 

Die Vorteile liegen klar auf der Hand. Man muss sich keine Gedanken darüber machen, was man kocht, man muss die Zutaten nicht einkaufen und man bekommt nur das geliefert, was auch wirklich gebraucht wird.

 

 

Offene Fragen sind für mich:

- Wie einfach ist Auswahl und Bestellung bei Hello-Fresh?

- Wie sind die Zutaten, in welchem Zustand kommen sie bei mir an?

- Wie ist die Ökobilanz beim Versand, wie viel Verpackung fällt an?

- Wie ist das Preisgefüge, im Vergleich zu einem normalen Einkauf, zu beurteilen?

- Wie einfach ist die Zubereitung?

 - Ja, wie schmeckts denn?

     Wie einfach ist Auswahl und Bestellung bei Hello-Fresh?

 

Ist man in seinem Kundenkonto, kann man sehr einfach zu den Speisekarten der verschiedenen Wochen gelangen. Für jede Woche hat man rund ein Duzend Gerichte zur Auswahl, aus denen ich mich für drei entscheiden muss. Suche ich nicht aktiv aus, werden mir drei beliebige Gerichte geliefert.

 

Ich kann jede Woche pausieren oder eine „Komplettpause bis zum Wiederruf“ auswählen.

 

So weit ist alles sehr einfach und übersichtlich, aber… wie schon gesagt passiert hier alles mit 2 Wochen Vorlauf und das wird zwar kommuniziert, aber m.E. nicht deutlich genug. Ich bin auch darauf reingefallen. Ich hatte die erste Kiste bestellt, freute mich schon darauf und erst, als sie nicht wie erwartet kam, wurde mir klar, dass es noch eine weitere Woche dauern wird.

 

Im Prinzip ist das kein Problem, wenn man sich darauf eingestellt hat. Eigentlich ist es auch klar, dass Hello-Fresh diese 2 Wochen braucht. Nur so kann gezielt bestellt und eingekauft werden, was notwendig ist, um die Preise zu halten. Auch Ausfälle müssen eingeplant werden. Was, wenn ein LKW voller Tomaten eine Panne hat, oder die Ladung verdorben ist? Bei Lebensmitteln passiert so etwas zwangsläufig.

 

Neueinsteiger kommen damit aber ins Schleudern. Man bestellt sich eine Kiste zum Ausprobieren und muss dabei eigentlich schon gleich die nächsten Kisten abbestellen, noch bevor man seine ersten Mahlzeiten gekocht hat. Das kapiert keiner und entsprechend groß ist bei manchen der Ärger.

 

Wichtig wäre, den Kunden darauf penetrant hinzuweisen, vielleicht in Form eine Pflichttutorials und auch Testwillige sollten die Möglichkeit habe, es bei einer Box zu belassen.

      Wie sind die Zutaten, in welchem Zustand kommen sie bei mir an?

 

An der Stelle war ich wirklich erstaunt. Alles war knackfrisch, sogar Fleisch und Milchprodukte. Letztere sind in eine dicke Matte aus Malerfilz gepackt und mit Kühlakkus bestückt. Fleischwaren sind vakuumiert und nicht in Schutzathmosphäre eingegast.

 

Einmal fand sich eine Tomate aus einer ganzen Kiste, die an der Seite aufgeplatzt, aber verwendbar, war.

 

Die Qualität ist nicht einfach zu beurteilen. Alles sieht gut aus und ist auch geschmacklich ok. Ist es Bio? Keine Ahnung. Gute Supermarktqualität darf man voraussetzen. Die Herkunftsländer sind angegeben, aber wenig mehr. Italien und Spanien sind überproportional vertreten. Holland eher selten. Exotische Dinge, wie Avocado oder Chilis kommen dann auch mal aus Peru oder Mexico.

 

Die sonstigen Zutaten sind aus der gehobenen Mittelklasse. „Italienischer Hartkäse“ ist hier ein 1A-Parmesan, den man sich auf Ex in den Rachen schieben könnte. Ich hatte eher die allzu üblichen Käsebrösel aus der Billigecke erwartet.

Die übliche Verpackung

     Wie ist die Ökobilanz beim Versand, wie viel Verpackung fällt an?

 

Tut man sich ein wenig im Internet um, findet man leicht die Kritiken vieler User, zu Hello-Fresh und anderen Anbietern. Tenor bei vielen ist, dass hier wahre Müllberge produziert werden. Das wollte ich genauer wissen.

 

Die Wochenration kommt in einer Kiste aus Braunpappe. Die einzelnen Mahlzeiten befinden sich in kompostierbaren Papiertüten. Was möglich ist, wird lose in die Tüte gegeben. Flüssiges, wie Sojasauce, Saure Sahne oder Essig ist natürlich in Plastik. Dinge aus der Kühlkette, wie Fleisch oder Milchprodukte, sind ebenfalls in Plastik und darüber hinaus in der besagten Malerfilzmatte, mit Kühlakku. Die Akkus bestehen aus PE-Folie, der Inhalt aus Wasser und einem, so sagt der Verkäufer, unbedenklichen Polymer, das man in den Ausguss schütten könne.

 

Auffallend ist, dass nur sortenreiner Kunststoff verwendet wird. Das bedeutet, dass alles dem feuchten Traum eines Recyclingfachmanns entsprungen sein könnte. Keine Verbundmaterialien oder ähnliches, was sich nicht wirklich verarbeiten lässt.

 

Mal hatte ich 12 Gramm pro Mahlzeit, mal 28 Gramm und einmal sogar 102 Gramm Kunststoff. Meist liegen wir aber unter 30 Gramm. Das mag optisch massiv wirken, ist aber tatsächlich sehr überschaubar. Kaufe ich alle Zutaten auf dem Wochenmarkt und im Bio-Laden, werde ich knapp darunter liegen. Gehe ich den Supermarkt oder zum Diskounter, habe ich tatsächlich mehr und schlechteres Material für den gelben Sack.

 

Fazit:

 

So wenig Verpackung, wie möglich. Sortenreiner Kunststoff nur, wo nötig und ansonsten kompostierbares Papier.

In dieser Papiertüte findet sich der gesammelte Plastikmüll für eine Mahlzeit

     Wie ist das Preisgefüge, im Vergleich zu einem normalen Einkauf, zu beurteilen?

 

Auch hier heißt es im Internet „Teurer, als ein normaler Einkauf“ oder sogar „Von dem Geld kann man essen gehen“. Butter bei die Fisch…wie sieht es wirklich aus?

Ich habe 3x2 Mahlzeiten pro Woche und zahle 39,99€ dafür, also 6,67€ pro Mahlzeit. Ja, davon kann ich essen gehen. Pommes rot-weiß ist machbar. Bei einer Currywurst dazu wird es aber eng.

 

Wie schaut es mit dem Einkauf aus? Gehe ich zum Wochenmarkt und in den Bioladen, kann ich diesen Preis nicht einmal ansatzweise halten. Also schaue ich mir an, was bei Aldi dafür fällig wäre. Hühnchen süß-sauer mit Jasminreis, für 2 Personen ist mein Thema.

 

Das war gar nicht so einfach, denn vieles lässt sich nicht in der benötigten Menge besorgen. Ich habe dann einfach das nächstgrößere Gebinde hergenommen und den Kaufpreis auf die benötigte Menge umgeschlagen. Ok, damit hat Aldi natürlich einen Vorteil, denn kleinere Gebinde wären in der Umlage natürlich wesentlich teurer.

 

Langer Rede kurzer Sinn. Für dieses Gericht sind 4,36 €/Portion bei Aldi fällig. Ein klarer Sieg für den Diskounter.

 

Zweites Testgericht waren Gnocci in einer cremigen Sauce mit Babyspinat, Kirschtomaten und Bacon. Dazu Streifen vom Rindersteak. Hier sieht die Bilanz anders aus. Hello Fresh bekommt die üblichen 6,67€ von mir plus eine Zuzahlung von 2,50€ wegen des Steaks, also 9,17€ pro Nase. Aldi möchte 8,20€ pro Person für die Zutaten haben. Der Diskounter liegt zwar immer noch vorn, aber deutlich knapper.

 

Besuche ich Rewe, Edeka oder Globus, gewinnt Hello-Fresh ohne wenn und aber.

 

Fazit:

Alles Geschwafel. Billiger geht immer, aber zu dem Preis nur, wenn man einen Diskounter stürmt. Rechne ich meine Zeit noch mit dazu, verliert auch Aldi, wobei das natürlich eine höchst subjektive Sache ist. Klares Statement meiner Gattin: „Für 39,99€ schaffe ich das nicht.

 

Wie schaffen die das? Mit einem gut geplanten Einkauf ist das ohne weiteres möglich! Das hat mir eine ehemalige Einkäuferin eines Lebensmittelgroßhändlers versichert. Deswegen auch die 2 Wochen Vorlauf. Da sind sie wieder.

     Wie einfach ist die Zubereitung?

 

Ich hatte so meine Zweifel. Nicht an der Einfachheit der Zubereitung. Eher dachte ich es ist ungefähr so aufregend, wie die Herstellung einer Thermomixmahlzeit, denn so sind die Rezeptkarten aufgebaut, Schritt für Schritt. Aprospos Thermomix…Besitzer eines solchen Geräts können sich auch Mahlzeiten ordern, die dafür geeignet sind.

 

Es ist supereinfach, erstaunlicherweise aber nicht langweilig. Ganz im Gegenteil macht es mir einen Heidenspaß.  Der Spaß kommt daher, dass hier erstaunlich kreative Köpfe an der Arbeit sind und ich mir bei fast jedem Gericht etwas geniales abkucken kann. Sei es ein einfacher Dip oder eine Beilage, wie mit Cheddar und schwarzen Bohnen überbackene Kartoffel-Nachos. Schön ist natürlich, dass man einfach in die Tüte greift und seine Zutat hat. Das ist erstaunlich entspannt.

 

Ganz ohne Kocherfahrung sollte man es nicht angehen. Ich habe auch schon eine eher unerfahrene Person darauf angesetzt und es ging voll in die Hose. Die kurzen Zubereitungszeiten, so wie sie angegeben sind, resultieren daraus, dass man 3-4 Dinge gleichzeitig bearbeitet. Küchenlaien können das einfach nicht. darüber hinaus sind die Rezepte manchmal etwas kryptisch. Wer gerne kocht weiß sofort, wohin die Reise geht. Bei Newbees leuchtet lediglich ein großes Fragezeichen auf.

 

Die Zubereitungszeiten liegen meist bei 30 Minuten. Plus/Minus 10 Minuten sind als Toleranz zu sehen. Für Feiertage, wie Ostern werden auch ganze Menüs angeboten, natürlich mit einer kräftigen Zuzahlung. Hier liegt die Zubereitungszeit schon mal bei 90 Minuten.

          Wie schmeckts?

 

Beliebig, gefällig? Jein! Ein Stück weit ist das schon so. Extreme und exotische Geschmäcker werden hier sicher nicht bedient. Die Zusammenstellungen sind aber oft überraschend, manchmal sogar ziemlich freaky und das hat seinen Reiz. Für Liebhaber der gut bürgerlichen Küche ist aber auch meist etwas dabei.

 

Geschmacklich ist alles einwandfrei. Ausrutscher sind mir noch nicht untergekommen. Ganz im Gegenteil werden sehr oft Aromen miteinander kombiniert, auf die ich selbst im Leben nicht gekommen wäre.

 

Meine größte Kritikerin ist 8 Jahre alt und glaubt, dass Kinder nach dem Genuß von Gemüse qualvoll sterben müssen und Fisch heftiger wirkt, als das Gift der grünen Mamba. Bisher mampft sie genußvoll mit und zeigt auf Nachfrage einen Daumen nach oben.

 

Auch die derzeit trendigen Bowl-Gerichte werden angeboten und ich darf sagen, die sind Yummi.

So weit, so gut. Klingt alles recht positiv, wenn ich es mir nochmal durchlese. Leiderleider, wo Licht ist, gibt es auch Schatten. Das erste Paket war einwandfrei. Bei zweiten fehlte einmal eine Knoblauchzehe und einmal ein Stück Hartkäse. Zwei von drei Gerichten waren unvollständig. Das klingt erst einmal nicht dramatisch. Ich habe beide Zutaten zu Hause. Ist aber jemand auf die Kochbox angewiesen, muss er sich auf dem Weg machen und eine Knolle Knoblauch plus ein Paket Parmesan einkaufen. Damit ist eine rote Linie überschritten, ab der eine Kochbox keinen Sinn mehr macht, zumal ein ordentlicher Parmesan schnell mal mehr kostet, als die ganze Mahlzeit.

 

Eigentlich war ich ganz froh darüber, denn jetzt schlug dem Service die Stunde und er sollte mal zeigen, was er so, jenseits von Zahnbelag, drauf hat.

 

Ich schilderte mein Problem per Email. Nach etwa 10 Minuten schlug die Antwort auf. Man schrieb mir 2€ auf die nächste Bestellung gut. Ganz ehrlich, ich war entsetzt.

 

Hat ein Kunde einen Schaden, kompensiert man den entweder sehr großzügig oder, wenn man es sich nicht leisten kann, lässt man sich was Nettes einfallen, wie z.B. hochwertiges Naschzeug. Auf keinen Fall und niemalsnie darf man dabei knausrig daherkommen. Das ärgert den Kunden und ich habe mich sehr geärgert. Absolut toxisch!

 

2€ gleichen meine Kosten nicht aus, nicht meine Zeit und schon gar nicht den Ärger, den ich hätte haben können, wäre ich auf den Inhalt der Box angewiesen. Es wirkt wie eine klassische Beschwichtigungsverarsche.

 

All das habe ich dem Service, in netten Worten, zurückgemailt. Als Reaktion hat man mir weitere 3€ gutgeschrieben. Sollte ich lachen oder heulen?

 

Ich wagte dann einen Testanruf und sofort wurde mir alles klar. Es handelt sich um ein indisches Call- /Servicecenter. Den Akzent kenne ich allzu gut. Die verstehen kein Wort von dem, was man sagt oder schreibt, obwohl sie interessiert zuhören. Sie reimen sich zusammen, was für einen Schaden der Kunde hatte und kompensieren so, wie sie es verstanden haben. Ein beschädigtes Paket z.B. hätte mir 10€ eingebracht.

Fazit

Die Kochbox von Hello-Fresh ist deutlich besser, als die teilweise schlechten Kritiken im Internet vermuten lassen. Frische, Zusammenstellung und Kochbarkeit sind ausgezeichnet. Das Preisgefüge stimmt und die Ökobilanz ist immerhin so gut, wie es eben machbar ist. An der Usability der Website und der Kundenführung und –information gibt es noch einiges zu verbessern. Das Servicecenter ist einfach nur Giftmüll und bestens dazu geeignet Kunden zu vergraulen.

 

Der Schwierigkeitsgrad der Rezepte ist sehr unterschiedlich. Manche sind für Kochmuffel nicht geeignet.

 

Zur Zuverlässigkeit der Lieferungen kann ich derzeit noch wenig sagen. Bisher wurden 6 Mahlzeiten geliefert, von denen 2 unvollständig waren. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, muss ich das ganze System als unbrauchbar einstufen. War es wirklich nur Pech oder Zufall, würde ich tatsächlich dabei bleiben.

 

Die Zuverlässigkeit, das kann ich mittlerweile sagen, ist hoch. Es kam zu keinen weiteren Fehlern. Ein Mal kam eine Kiste die schlimmes durchgemacht hatte. Innen war lediglich ein Joghurtbeutel geplatzt. Die Schweinerei war natürlich sehenswert.

 

Neben Telefon und Mail, kann man den Service auch direkt per Chat ansprechen und hier geriet ich an eine sehr kompetente und serviceorientiere Dame. Ich bekam zwar auch nur eine Gutschrift, aber 10€ als Gutschrift und eine herzliche Entschuldigung fand ich dann ok.

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